Seit Jahren hatte ich das Gefühl, ich muß raus aus der Stadt. Entschleunigen, um wieder in Fahrt zu kommen, frischer Wind, aufatmen, durchatmen. Nun seit Sommer 2018 auf einem alten Hof in der Niederlausitz auf der polnischen Seite gelandet, und plötzlich kann ich sogar wieder den Kurzurlaub in der Stadt genießen. Biecz oder Beitzsch, aber eigentlich: Am Zauberberg. Hund, Katze, Lagerfeuer. Mit 150 Wörtern Polnisch und keiner Scheu diese ohne grammatische Kenntnisse aneinanderzureihen, dabei die Hände und Füße zu bedienen, kommt man schon prächtig klar. Ohne meine Olenka würde hier allerdings nichts laufen, die uns mit Gartenprodukten und Kuchen überhäufende Nachbarin und super nette Feierabendhandwerker mit unverschämt niedrigen Freundschaftspreisen eingeschlossen. Im Hof haben mehrere Generationen den ihrigen Kram auf dem der Vorherigen abgelegt und meine Ausgrabungen bringen ganz unten Gegenstände zu Tage, die von den Deutschen zurückgelassen wurden, in diesem Fall der Familie Lehmann: eine alte Brotdose (‚Unser täglich Brot gib uns heute‘), Küchenkachel-Sprüche (‚Trautes Heim, Glück allein‘), die alten Heustangen. Bis auf das kastenförmige Gebäude des örtlichen ‚Spätkaufs‘ aus dem Kommunismus und die geschmackvollen Betonzäune der 1990er Jahre wirkt das ganze Dorf wie eingefroren. Einige hier sind sich des konservatorischen Potentials bewusst und es gibt Freiräume: vor allen Dingen das alte Schloss der von Wiedebachs, das völlig leer steht und um das sich jetzt ein Verein kümmert, mit Jazzkonzerten und kostenlosen Führungen. So beginnt also das Abenteuer…
Ort
Biecz (ehem. Beitsch)