Ein wenig Hintergrund-Info zum Verständnis:
Strukturwandel! Schon mal gehört? Der findet hier in der Lausitz statt. Raus aus der Kohle und rein in…!? In was eigentlich? Gar nicht so einfach. Wohin soll eigentlich die Reise gehen? Die EU, der Bund und die betroffenen Bundesländer zumindest meinen zu wissen wo es lang geht. 40 Milliarden Euro werden bis 2038 an die betroffenen Regionen (Rheinisches Revier, Mitteldeutsches und Lausitzer Revier) ausgeschütet.
Es gibt ein Bundesgesetz (INVKG), eine Förderrichtlinie und diverse, je nach Bundesland unterschiedlich gestrickte Verfahren, Gremien, Werkstätten und Akteure z.B. aus der Zivilgesellschaft, die mal mehr, mal weniger nach innovativen, nachhaltigen und Zukunftstauglichen Ideen/Projekten suchen und nebenbei darum ringen wer die Deutungshoheit gepachtet hat.
Dieser Prozess hat mittlerweile einen langen Vorlauf. In der weiteren Öffentlichkeit wurde vor allem die seitens der Bundesregierung in 2018 eingesetzte Kohlekommission wahrgenommen, die in ihrem Abschlussbericht bereits eine Reihe von Schwerpunktthemen und Maßnahmen beschreibt, darunter:
Der am 26. Januar 2019 vorgelegte Abschlussbericht der Kommission empfiehlt der Bundesregierung u. a. folgende Punkte umzusetzen:
- Bis 2022 sollen Braunkohlekraftwerke mit einer Kapazität von drei Gigawatt sowie vier Gigawatt Steinkohlekraftwerke stillgelegt werden.
- Bis 2030 sollen weitere sechs Gigawatt Braunkohle und sieben Gigawatt Steinkohle vom Netz.
- Die letzte Anlage soll 2038 abgeschaltet werden. Es gibt zudem die Option, dies auf 2035 vorzuverlegen.
- Die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen sollen in den kommenden 20 Jahren 40 Milliarden Euro an Strukturhilfen bekommen.
- Die Energiekonzerne sollen ab Anfang der Zwanzigerjahre für das vorzeitige Abschalten der Kraftwerke entschädigt werden.
- Einen Stopp der Rodungen im Hambacher Forst hält die Kommission für „wünschenswert“, spricht sich aber nicht explizit für den Erhalt des Waldes aus.
- Möglichst keine neuen Kohlekraftwerke und Tagebaue in Betrieb nehmen
Das dann ebenfalls in 2019 verabschiedete Gesetz (INVKG) findet sich hier: https://www.gesetze-im-internet.de/invkg/
Schon zum Jahresanfang 2018 enstand als Kooperationsprojekt der Länder Brandenburg und Sachsen die dann in Bad Muskau ansässige Zukunftswerkstatt Lausitz (https://zw-lausitz.de/) mit dem Ziel mit der Hilfe von externen Experten „fünf entscheidende Zukunftsthemen“ zu entwickeln. Das hat ziemlich gut geklappt und herausgekommen ist in 2020 ein Abschlussbericht, den man als Steilvorlage für die politischen Entscheider betrachten könnte. Das allerdings hat nicht geklappt zumal die ursprünglich verbündeten Länder Sachsen und Brandenburg ihren Plan, an der Zukunft gemeinsam zu stricken, mehr oder weniger in den Papierkorb geworfen haben.
Der Abschlussbericht der Zukunftswerkstatt wurde zumindest in Brandenburg etwas ernster genommen. Die dort entstandenen Werkstätten folgen den den Empfehlungen aus Muskau. Und Sachsen? Dort hat man die SAS gegründet, die Sächsische Agentur für Strukturentwicklung, es gibt eine „interministerielle Arbeitsgruppe“ und den sogenannten RBA, den Regionalen Begleitausschuß. Kompliziert, kompliziert.
Auch das oben schon benannte Gesetzt „INVKG“ hat seine Tücken. Gefördert werden Kommunen und Gemeinden, aber eben nicht Unternehmen, Vereine, sonstige Institutionen oder gar einzelne Akteure (…das funktioniert nur über einen Umweg). Die Förderschwerpunkte lassen sich zudem mit einer Vokabel beschreiben „Betongeld“. Es soll also gebaut und renoviert werden. Allerdings soll der sogenannte „JTF“, der von Ursula von der Leyen ins Leben gerufene „Just Transition Funds“ diese Lücke ein wenig füllen.
Wer entscheidet am Ende was gefördert wird und was nicht? Interessant ist hier eher die Frage, wer nicht entscheidet, denn Bürgerbeteiligung also ein partizipativer Prozess, der all die mitnimmt um deren Zukunft es geht, wird bislang ganz klein geschrieben. Im sächsischen RBA (Regionaler Begleitausschuss), der die ihm vorgelegten Projekte „votet“ sind zumindest nach einigem Ringen auch Vertreter von Interessengruppen der Zivilgesellschaft eingebunden. ABER: Diese Vertreter können zwar ihre Meinung loswerden, aber ein Stimmrecht haben sie nicht. Toll, oder?
Auch der Sächsische Rechnungshof ist nicht besonders glücklich mit dem Strukturwandel bzw. mit der Vergabe und dem Nutzen der Gelder. Im Bericht aus 2022 liest man „Bundesfinanzhilfen der ersten Förderperiode im Umfang von 1.372 Mio. € wurden bis 2021 für Landesmaßnahmen und kommunale Projekte in einem aufwändigen Vorverfahren gebunden. Einen adäquaten Beitrag zur Bewältigung des Strukturwandels und zur Schaffung von Arbeitsplätzen lassen zahlreiche ausgewählte Projekte nicht erwarten.“
Die aktuelle Evaluierung des Förderprozesses der ersten Zeitscheibe hat das Leibniz Institut Halle in 2023 veröffentlicht. Dort wird zu Recht auf das Thema Bürgerbeteiligung/Transparenz verwiesen „Ferner gilt es zu beachten, dass die Maßnahmen des InvKG auch die Wahrnehmung der Bürger in den Fördergebieten erreichen, so dass diese aktiv im Prozess des Strukturwandels in den Regionen mitarbeiten können. Das Herstellen von Transparenz erwies sich in Fallstudienuntersuchungen immer wieder als kritischer Punkt, dass die lokale Bevölkerung Vertrauen in den Strukturwandel hat“.
Die Bürgerregion Lausitz
Schon in 2016 waren wir (Arielle und Jan) Gründungsmitglieder der „Lausitzer Perspektiven“ einem Zusammenschluss von Akteuren aus Brandenburg und Sachsen, der sich zum Ziel setze, dass Thema Bürgerbeteiligung in den Strukturwandelprozess, die Entscheidungswege und damit auch die Fördermittevergabe einzubringen. Die Jahre gingen ins Land, aus dem lockeren Zusammenschluss wurde ein Verein und in 2020 starteten wir das sächsisch-brandenburgische Kooperationsprojekt „Bürgerregion Lausitz“ mit dem Verein Lausitzer Perspektiven als Träger.
2022/23 konnten wir sowohl in Brandenburg wie auch in Sachsen erfolgreich Fördermittel einwerben. Damit sind wir in der Lage unsere Arbeit zu verstetigen und zu professionalisieren; unter anderen werden aus den Mitteln Personalstellen finanziert.
Die Homepage der Bürgerregion Lausitz findet sich hier: https://buergerregion-lausitz.de/wp/
Knotenpunkte & Ansprechpartner
Die brandenburgische Zentrale ist in Raddusch beheimatet und die sächsische Geschäftsstelle hat ihren Sitz in der Kulturfabrik Meda in Mittelherwigsdorf. Für Sachsen sind Susanne Gärtner und ich (Jan Hufenbach) als „Community Manager“ tätig und vertreten die Interessen unserer Unterstützer und der Netzwerkknoten in Hoyerswerda, Pommritz, Klein Priebus und Mittelherwigsdorf.
Unser Tun
Woran arbeiten wir? Vor allem ist es uns daran gelegen den Strukturwandel und die erheblichen Investitionen „bottom up“ zu denken und zu etablieren. Dazu sind wir in engem Kontakt mit dem SMR und der SAS und natürlich den Interessenvertretern der Zivilgeschaft im Rergionalen Begleitausschuss.
Natürlich arbeiten wir auch an der Gewinnung weiterer Unterstützer, egal ob Institution, Verein, Gemeine/Stadt oder Einzelperson. Allen Lausitzern sollte daran gelegen sein, dass ihnen die immens wichtigen Entscheidungen für die Zukunft nicht aus der Hand genommen werden und in Berliner oder Dresdener Glaskästen entschieden werden. Wo soll die Reise hingehen? Es gibt viele Themen die angegangen werden müssen: Arbeitsplätze, der demografische Wandel, das Wasser-Problem, der Klimawandel, die weiter abwandernden gut gebildeten jungen Erwachsenen, der Mangel an Frauen in der Kommunalpolitik und in Führungspositionen der Wirtschaft, das Bildungssystem, unsere Verbindung zu unseren Nachbarn in Polen und Tschechien und natürlich die Energiefrage.
Kontakt
Wollen Sie, willst du mitmachen? Jede Stimme, Meinung und Expertise zählt!
Kontakt: Jan Hufenbach 035775 416413 oder hufenbach@buergerregion-lausitz.de
Geschäftsstelle der BRL in Sachsen:
c/o Kulturfabrik MEDA Hainewalderstr. 5
02763 Mittelherwigsdorf
0162-4674076
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